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Sylt bittet zur Kasse: Zweitwohnungssteuer und der soziale Fußabdruck

Sylt ist weit mehr als nur eine Insel – sie ist für viele ein Sehnsuchtsort, ein Refugium zwischen Dünen und Wattenmeer. Doch die Postkartenidylle bekommt finanzielle Risse. Während die Gemeinden jahrelang aus dem Vollen schöpfen konnten, zwingt die aktuelle wirtschaftliche Lage die Politik zum Handeln. Ab dem 1. Januar 2026 ziehen alle fünf Inselgemeinden die Daumenschrauben an: Die Zweitwohnungssteuer steigt flächendeckend.
Wenn der Immobilienmotor stottert: Warum jetzt?
Der Hauptgrund für diesen Schritt liegt in einer schmerzhaften Lücke im Haushalt. In den Boomjahren der Corona-Pandemie kannte der Immobilienmarkt auf Sylt nur eine Richtung: steil nach oben. Die Gewerbesteuereinnahmen aus Maklergeschäften und Projektentwicklungen sprudelten unaufhörlich. Doch dieses goldene Zeitalter ist vorerst vorbei. Der Immobilienabsatz ist massiv eingebrochen, die Zinswende und die allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit lassen potenzielle Käufer zögern.
Da die Gewerbesteuer als wichtigste Einnahmequelle wegzubrechen droht, müssen die Gemeinden andere Wege finden, um Großprojekte wie den 14 Millionen Euro teuren Multipark in Westerland oder die Instandhaltung der Infrastruktur zu finanzieren.
Was kostet der Luxus? Ein Rechenbeispiel
Die Zweitwohnungssteuer bemisst sich auf Sylt – wie in den meisten Kommunen – nicht direkt am Kaufpreis, sondern am jährlichen Mietaufwand (der Nettokaltmiete). Da für die meisten Luxusimmobilien keine realen Mietverträge vorliegen, wird eine ortsübliche Vergleichsmiete herangezogen, die auf Sylt naturgemäß sehr hoch angesetzt ist.
Nehmen wir an, jemand besitzt ein Objekt mit einem Marktwert von 1 Million Euro.
- Mietwert: Für ein solches Objekt (ca. 60–80 m² in guter Lage) setzt das Finanzamt oder die Gemeinde einen fiktiven jährlichen Mietwert an. Konservativ geschätzt liegt dieser bei etwa 24.000 Euro pro Jahr (2.000 Euro kalt pro Monat).
- Steuersatz: In der Gemeinde Sylt (Westerland, Keitum etc.) steigt der Satz auf 8,5 %.
- Berechnung: $24.000 \text{ €} \times 0,085 = 2.040 \text{ €}$ pro Jahr.
- Vergleich Wenningstedt: Hier liegt der Satz künftig bei 12,5 %. Für das gleiche Objekt würden also $3.000 \text{ €}$ fällig.
Angesichts der Tatsache, dass ein Immobilienkauf für eine Million Euro oft schon mit hohen Nebenkosten verbunden ist, wirken diese Beträge für viele wie ein Tropfen auf den heißen Stein.
Eine Frage der Gerechtigkeit: Zu wenig Beteiligung?
Hier regt sich Kritik, die über die bloßen Zahlen hinausgeht. Ist die Steuer in dieser Höhe überhaupt gerechtfertigt – oder ist sie vielleicht sogar noch zu niedrig? Wer es sich leisten kann, Millionen in Grund und Boden auf einer der begehrtesten Inseln Europas zu investieren, wird durch eine jährliche Steuer von ein paar tausend Euro kaum in finanzielle Bedrängnis geraten. Die Inselverwaltung selbst betont, dass man von einer „erdrosselnden Wirkung“ weit entfernt sei.
Man muss die soziale Komponente betrachten: Zweitwohnungsbesitzer beanspruchen die Infrastruktur – sie nutzen die Straßen, die Deiche, die gepflegten Promenaden und die Sicherheitssysteme, die das ganze Jahr über vorgehalten werden müssen. Doch im Gegensatz zu den dauerhaften Inselbewohnern tragen sie sozial kaum zum Gemeinwesen bei. Sie zahlen keine Einkommensteuer vor Ort, engagieren sich selten in lokalen Vereinen oder der Freiwilligen Feuerwehr und lassen ihre Immobilien oft viele Monate im Jahr leer stehen, was zur Verödung ganzer Ortsteile führt.
Ein notwendiges Übel mit Luft nach oben
Die Erhöhung der Zweitwohnungssteuer ist ein liebevoller, aber bestimmter Weckruf der Insel an ihre Teilzeit-Bewohner. Sie ist der Versuch, die Lasten der Instandhaltung dieses einzigartigen Naturraums fairer zu verteilen. Kritiker könnten jedoch anführen, dass die Sätze noch deutlich höher liegen müssten, um den tatsächlichen ökologischen und sozialen Fußabdruck eines Zweitwohnsitzes auszugleichen. Solange die Gewerbesteuer für Unternehmen unangetastet bleibt, tragen die „Zweitheimischen“ nun zwar mehr bei, doch die Balance zwischen privatem Luxus und öffentlichem Nutzen bleibt ein sensibles Thema auf der Insel.





















































































































