Satire
Die große Abrechnung zwischen Sylt, Amrum und Föhr

Die stille, kalte Nordseenacht lag über den nordfriesischen Inseln, doch das Wattenmeer brodelte. Es war wieder einmal Zeit für das jährliche, inoffizielle Nordsee-Ranking, und Sylt war nicht bereit, sich von den „kleineren Schwestern“ beirren zu lassen.
Amrum eröffnete das Gefecht, die Stimme dünn wie ihre 20\,km^2 Fläche:
„Muss man so langgezogen sein, Sylt? 38\,km von Nord nach Süd, um dann in der Mitte auszudünnen – das ist kein Format, das ist eine Pose! Meine 10\,km sind zwar kürzer, aber ich habe einen soliden Kern und meine 2.300 Amrumern leben entspannt mit ihren 1,3 Millionen Gästen. Ich bin ein unverfälschtes Original!“
Föhr, die sofort die Gelegenheit nutzte, sich als „gesunde Mitte“ zu positionieren, seufzte: „Amrum hat recht. Bei mir, der Grünen Insel, geht es um Bodenhaftung. 82\,km^2 sind komfortabel und meine 8.500 Friesen leben mit den 1,8 Millionen Übernachtungen in Eintracht. Du, Sylt, bist mit deinen 99\,km^2 einfach ausufernd und mit deinen 18.300 Einwohnern viel zu hektisch.“
Föhr setzte den ersten Nadelstich: „Und was deine Höhe angeht: 52,5\,m Uwe-Düne? Das ist eine Einladung an den Wind, sich festzubeißen! Wir sind mit unseren 13,2\,m bescheidener – wir leben mit der Natur, nicht darüber!“
Sylt lachte, ein scharfes, metallisches Geräusch, wie Champagnergläser, die aneinanderschlagen: „Ach, meine lieben Flächen-Zwerge. 13,2\,m sind keine Erhebung, Föhr, das ist eine Stufe zum Teeladen! Und Amrum, deine 32\,m sind gerade hoch genug, um den nächsten Möwenflug zu sehen. Ich brauche meine 52,5\,m und meine 38\,km Länge, um meinen Anspruch klar zu machen. Man muss hoch hinaus, um Dänemark zu sehen – und um auf euer Flachland hinabzublicken.“
Dann kam der kulinarische Schlag: „Ihr bietet Kuchen und Eiergrog an – das ist Kaffeekränzchen! Ich serviere „Sylter Royal“ Austern! Das ist die einzige Zucht Deutschlands! Das ist internationale Klasse. Ihr habt Salzwiesenlamm und Pharisäer, ich habe Sterne-Köche. Meine Gäste kommen nicht, um satt zu werden, sie kommen, um Status zu zeigen.“
Der finale, vernichtende Seitenhieb kam, als Föhr stolz die Legende vom Frauenklau hervorkramte: „Wir sind vielleicht nicht die Größten, aber wir sind die Attraktivsten! Damals sind die Frauen von dir zu uns gekommen. Wir haben Herz!“
Sylt erstarrte nur kurz und antwortete mit eisiger Kälte: „Rührend, Föhr, dass du deine gesamte Identität auf eine Anekdote aus dem 17. Jahrhundert stützt. Die Wahrheit ist: Die Frauen sind nicht wegen deiner Attraktivität gegangen. Sie sind vor meinem Glanz geflohen, der schon damals zu groß war. Sie haben die gemütliche Nische gesucht, weil ihnen die 52,5\,m zu hoch und die 99\,km^2 zu groß waren. Das war keine Abwanderung – das war Überforderung! Heute ist es egal, wen ihr damals ‚geklaut‘ habt. Ich habe den Tourismus gestohlen. Und das bringt mir 4,8 Millionen Übernachtungen und mehr Glanz als jede Hochzeit. Ich bin die Königin. Legt euch wieder hin“
Liebe Grüße in den Süden 🙂