Sport
Zuckerfrei ins Jahr 2024 – Ein Selbstversuch auf Sylt
Zuckerfrei ins Jahr 2024 – Ein Selbstversuch auf Sylt
Ich habe mir viel vorgenommen im neuen Jahr. Privat wie auch beruflich. Die guten Vorsätze. Wer kennt sie nicht. Wer hat nicht schon ambitioniert angefangen, um dann recht schnell und voller Selbstvorwürfe in alte Gewohnheiten zurückzufallen? Zurück in die Komfortzone der Bequemlichkeit oder Abhängigkeit.
Statista hat eine Umfrage durchgeführt und es sind nur knapp 27%, die ihre guten Vorsätze länger als zwei Monate durchhalten. Der Rest schafft keinen Monat oder hat keinerlei Interesse, etwas zu verändern.
Dass Änderungen eine einschneidende Wirkung haben, WENN man diese beibehält – davon möchte ich euch zum Jahresanfang erzählen. Vielleicht motiviert es den einen oder anderen zum Nachmachen. Ich würde mich freuen, Mitstreiter für 2024 zu finden. Je mehr Leute – desto einfacher wird es.
Zuckerfrei ins Jahr 2024 – Long, long time ago
Es ist vier Jahre her. Irgendwann im Januar 2019 lag ich auf dem Sofa. Netflix. Cola. Gegen 23.00 Uhr – die Cola war leer, jagte mich eine Heißhungerattacke in die Küche. YES – Nutella und Toastbrot. Der Hunger groß – Zehn Scheiben, fett beschmiert. Gierig hineingestopft, Cola dazu.
Eine Folge irgendeiner „Blockbuster-Serie Junkfood für das Brain“ anschauen. Doch mit dem Sättigungsgefühl kam leichte Übelkeit auf. Irgendwann auf dem Sofa eingeschlafen und am Morgen komplett zerstört aufgewacht.
Dann begann etwas, das mein Leben für ein Dreivierteljahr auf den Kopf stellen sollte. Warum nur knapp neun Monate – das erzähle ich euch am Schluss. Zu diesem Zeitpunkt lag die Sportmesse ISPO in München hinter mir.
Das Treffen der Super fitten und agilen Ausnahmesportler und Werbeikonen. Ich selbst, mit rund zehn Kilo zu viel auf den Rippen, war dort für die Organisation der Skateboardarea zuständig und es waren zehn Tage voller Völlerei. Da kommt man schon einmal ins Nachdenken.
Im Spiegel betrachtet sah ich einen Mann in den – Achtung – besten Jahren.
Fett, blaß, Augenringe. Computerarbeit.
Sie macht uns durch die Körperhaltung zu Schildkröten. Und Sport? Da hielt ich mich an Winston Churchill. Keine gute Idee. Ich wusste: Mach so weiter Junge und in ein paar Jahren ist es vorbei. Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs – suche es dir aus.
Ich hatte mich bereits in den Tagen vor dem Nutella-Exzess mit der Frage beschäftigt, was eigentlich mit dem Körper passiert, wenn er keinen Zucker mehr zum Verbrennen bekommt. Das absichtliche Abfüllen mit Nuss-Nougat-Creme und weißem Toastbrot war Teil des Plans.
Denn lange vorher geschah etwas, was mich zum Nachdenken gebracht hat.
Zuckerfrei ins Jahr 2024 – Schicksale
2014 trafen wir auf einer Promotour, bei der wir unter anderem für Red Bull unterwegs waren, einen Belgier und seine Freundin in Hossegor. Er hatte eine Narbe auf dem Kopf und ich fragte ihn, ob er beim Surfen die Finne abgekommen hätte. Philip, so sein Name, teilte mir mit, dass er Mitte 2013 beim Arzt war und der ihm gesagt hat:
“In drei bis sechs Monaten bist Du tot”
Krebs. Im Kopf. Nicht heilbar. Philipp entschloss sich daraufhin, Big Wave Surfer zu werden. Er wollte in den Wellen sterben. Nur wenige Monate vorher hat er mit dem Wellenreiten begonnen. Er war also ein wahrer Kook, wie Surfpros Anfänger gerne mal bezeichnen. Um das Ziel zu erreichen, verzichtete er auf Weißbrot, Alkohol und Süßigkeiten.
Dies zog er durch. 2019 nach seinem jährlichen Scan der Schädels stellte der Arzt – wie in all den Jahren zuvor – fest, dass der Krebs sich nicht weiter ausgebreitet hatte. Der Lebenswandel des einstigen Bad-Boy und die Liebe hatte ihn zwar nicht geheilt- aber den Verfall des Körpers ausgebremst. Er hatte die schwere Erkrankung durch den Verzicht auf Zucker ausgetrickst. Heute – 2023.
Er lebt in Portugal, als Teil eines Yogacamps und bereiste die ganze Welt.
Zuckerfrei ins Jahr 2024 – gut gestartet, doch dann….
2019 also ich. Meine Wahl. Kein Zucker. Von heute auf morgen. Wasser, Salat, Bananen. Der Verzicht auf Weißbrot tat besonders weh. War es doch der schnelle Hungerkiller. Gestartet habe ich das ganze bei rund 100 Kilo Gewicht. Cholesterin oder Blutdruck lassen wir mal außer Acht.
Auch das Rauchen ist natürlich nicht gut. Doch das, genauso wie den Kaffee am Morgen, konnte ich mir nicht abgewöhnen.
Interessant, was dann in den ersten zwei, drei Tagen passierte. Müdigkeit, leichte Kopfschmerzen. Ich war auf Entzug. Der Industriezucker forderte sich ein. Statt Zucker gab es Wasser. Vielleicht hat auch der Fruchtzucker in den Bananen das Schlimmste verhindert. Denn viele berichten in den Erfahrungsberichten von starken Kopfschmerzen.
Nach zwei, drei Tagen begann ich noch keine großen Veränderungen zu spüren. Aber nach einer Woche änderte sich etwas. Im Supermarkt schaute ich auf die Inhaltsstoffe der Lebensmittel. Kaum Essbares ohne Zuckerzusätze – in welcher Form auch immer – waren zu finden.
Ersatz-Süssstoffe, wie sie in “Light” Produkten zu finden waren, sind eine Mogelpackung. Zwar nimmt man keinen Zucker zu sich, doch die Bauchspeicheldrüse schreit ein oder zwei Stunden später nach mehr Leckereien. Sie erzeugt das Hungergefühl.
Zuckerfrei ins Jahr 2024 – Veränderungen
Erhaben stand ich nun an der Supermarktkasse, schaute in der Warteschlange auf die Einkäufe der Vorderleute und dachte: Ihr vergiftet Euch mit dem Mist. Mein Einkauf? Bananen, Wasser, eventuell ein Joghurt. Mein Einkaufsverhalten – vorher noch mit dem eines Viertklässlers zu vergleichen – veränderte sich gewaltig.
Das erste, was köperlich mit mir passierte, war das Verändern meiner Essenszeiten. Denn ich zwang mich, morgens Wasser zu trinken und ein gesundes Frühstück zu mir zu nehmen. Müsli, Haferflocken. Die Flocken gaben Power und sie stopften.
Die Folge war auch, dass die Heißhungerattacken verschwanden. Der fehlende Zucker und das regelmäßige Essen sorgten dafür, keine schnellen Energiespender wie Mars oder sonstiges zu mir zu nehmen. Red Bull? Nein. Nutella? Um Himmels Willen.
Im Laufe der nächsten Wochen ging es mir immer besser. Körperlich aber auch geistig nahm ich Veränderungen wahr. Kraftstrotzend und vor allen Dingen positiv denkend bewegte ich mich durch eine neue Welt. Durch das Trinken von 2-3 Litern Wasser am Tag veränderte sich mein Hautbild.
Als ich dann im Mai auf Sylt eintraf, war ich ein Energiebündel. Einige Kilo leichter. Über die Kurpromenade lief ich mit erhobenen Haupt, voller Selbstbewußtsein. Den innneren Schweinehund zu besiegen, das ist geil! Surfen fiel mir leicht. Gut, ich war auch 10% weniger geworden. Das hilft natürlich, wenn man Volumen im Brett einsparen will. Die Ausdauer war eine ganz andere.
Das Leben hatte sich extrem verändert. Wie süß Tomaten schmecken können. Erstaunt über mich selbst erwischte ich mich in der Küche, wie ich mir Gemüsestücke zubereitete und diese genüsslich verdrückte.
Zuckerfrei ins Jahr 2024 – Das Ende
Zu dieser Zeit baute ich einen rund 1,5 Tonnen schweren Pumptrack bei Veranstaltungen auf. Durch die neuen Superkräfte schaffte ich dies alleine, wenn es sein musste. Das ganze Unternehmen ging bis in den September hinein gut. Anfang Oktober erhielt ich einen Auftrag von der Straßenbahngesellschaft in Bremen.
Pumptrack aufbauen, ein wenig durch die Gegend rollen, Surfskateboardkurse geben. Routinejob. Dann kamen verhängnisvolle fünf Minuten. “Schau mal hier. Ein tolles Fahrrad. Willst du das testen?” Ich verneinte. Erinnerte mich an den Song von Tocotronic, die sich fragen, warum sie Fahrradfahrer hassen. Ich war auf dem Skateboard zuhause.
Vor allen Dingen wollte ich kein Fahrrad mit Elektroantrieb fahren, was einen 180 Kilo schweren Kastenaufsatz hatte. Diese Art von Drahteseln sind für Paketauslieferungsdienste konzipiert. Doch ich ließ mich breit schlagen und setzte mich drauf.
Bewegte die Pedale und setzte den Fuß ab. Da sprang der Elekromotor von dem Teil an und mein Fuß geriet unter den Aufsatz. Gefühlt um 180 Grad wurde mein Fuß verdreht. Einen Milimeter weiter und auch im Knie wären jegliche Bänder durch gewesen. So kam nur ein Band im Mittelfuß zu Schaden. Doch das sollte alles auf den Kopf stellen.
In den Folgewochen konnte ich nicht mehr skaten. Surfen ging auch nicht. Der Fuß schwoll an, sobald er belastet wurde. Arzt? Scheinbar denkt man, Mann muss nicht dorthin, denkt Mann. Salbe, Schmerztabletten. Wird schon wieder. Aber Sport geht nicht.
Depressionen hielten Einzug. Bekämpft mit einem alten Feind. Nutella. Wie ein trockener Alkoholiker begann es mit einem oder oder zwei verbotenen Dingen. Wurde zur Gewohnheit. Ich fiel wieder zurück in das alte ich. Klar, der Job brachte Spaß.
Über Skateboards und Surfen schreiben. Doch nur die Theorie, wenig erfüllend. Der einzige Weg auf das Brett war: Wochen vorher mit Krafttraining anzufangen und die Muskeln wieder aufzubauen. Das schaffte ich leidlich. Dann kam Corona und es wurde maßlos. Keine Veranstaltungen mehr. Die ohnehin schon angeschlagene Branche brach zusammen. Mentaler Einbruch.
Wieder nach Sylt ziehen. Surfshop eröffnen. Surfshop wieder zu. Neuanfang SYLT1. Traumjob. Doch Zucker gab es immer noch reichlich.
Zuckerfrei ins Jahr 2024 – los geht es!
Gestern am 31.12.2023 nahm ich das letzte Mal dieses Industriegift zu mir. In Form von Glühwein und einem Sylvesterbuffet.
Heute beginnt ein neues Leben. Wer hat Lust mitzumachen und seine Erfahrungen zu teilen.? Wir machen für unsere SYLT1 Freunde eine Facebookgruppe auf und gehen die ganze Sache ehrgeizig an.
Zuckerfrei ins Jahr 2024 – ich werde berichten.