Sylt News
Sylter Marken und der Maschinenraum des Wahnsinns – Aktenzeichen im Wind

Wir sind ja einiges gewohnt. Wir berichten über Stürme, die den Sand fressen, über Rollkoffer-Lawinen in der Friedrichstraße und über die Eröffnung von Restaurants, die teurer sind als ein Kleinwagen. Wir dachten, wir hätten alles gesehen, was unsere Insel an Besonderheiten zu bieten hat.
Dann haben wir von der Redaktion uns mal auf eine kleine Recherchereise begeben, da das Lokalblatt einen Artiel über Sylter Marken recherchiert hat.
Wir sind hinabgestiegen in den „Maschinenraum des Wahnsinns“, wie ein Kollege es treffend nannte. Wir waren im digitalen Archiv des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) und haben nach einem einfachen Wort gesucht: „Sylt“.
Was wir fanden, übersteigt jede Vorstellungskraft. Es sind über 1.400 Einträge. Es ist ein Goldrausch. Es ist eine Flut. Es ist der dokumentierte Beweis für die stärkste Sehnsuchts-Marke Deutschlands.
Das offene Scheunentor: „Sylt“ ist (fast) frei für alle
Bevor wir in die Details gehen, müssen wir das Grundproblem verstehen. Das Wort „Sylt“ ist nicht schutzfähig. Es ist eine geographische Herkunftsbezeichnung. Genauso wenig, wie Sie „Hamburg“ für einen Burger (der nicht aus Hamburg kommt) oder „Schwarzwald“ für eine Tanne schützen lassen können, kann man „Sylt“ als Marke monopolisieren.
Das Ergebnis ist ein offenes Scheunentor. Jeder, der eine Idee und eine Anmeldegebühr beim DPMA hat, versucht, ein Stück vom Glanz der Insel an sein Produkt zu heften.
Jeder kann „Sylt“ auf ein T-Shirt pressen. Aber ist das dann eine Marke?
Als aufmerksame Beobachter dieser Insel, sagen mit aller norddeutschen Klarheit: Nein.
Eine Eintragung im DPMA-Register macht noch lange keine Marke. Es macht Sie zu einem Aktenzeichen. Eine Marke ist etwas, das im Herzen der Menschen verankert ist. Eine Marke ist Vertrauen. Eine Marke ist Wiedererkennung. Es gibt aber auch Firmen auf Sylt, die haben ihren Brand gar nicht eingetragen, denn sie stehen einfach da und sind unantastbar. Ist man übrigens beinahe in jedem Fall, da alles was mit Sylt zu tun hat nicht oder nur schwer schützenswert ist (so ein Patentanwalt)
Die Echten, die Titanen – und der Rest
Was eine Marke ist, definieren wir hier auf der Insel – durch jahrzehntelanges Vertrauen.
- Die gekreuzten Säbel der Sansibar sind eine Marke.
- Die rote Krabbe von Gosch ist eine Marke.
- Fisch Blum, eine echte Sylter Institution, ist eine Marke.
- HB Jensen (seit 1855) ist eine Marke.
Das sind die Felsen in der Brandung. Aber was ist mit dem Rest? Schauen wir in den Maschinenraum.
Ein Blick in die Listen: Der Wahnsinn hat System
Wir haben die Listen vorliegen. Es ist pures Gold. Es ist eine Mischung aus Genie, Opportunismus und Dingen, die man nur nach drei Pharisäern erfindet.
Kategorie 1: Die „Das-wär’s-doch!“-Träumer
Das sind die Einträge, bei denen man die Idee fast riechen kann.
- „SYLT-DUFT“: (Marke nicht eingetragen). Schade. Wir hätten gerne gewusst, wie das riecht. Nach Reizklima? Nach Bohnerwachs im Reetdachhaus? Oder nach der Friedrichstraße im Juli?
- „Skiclub Kampen Sylt“: (Marke gelöscht). Das war, mit Verlaub, ambitioniert. Vielleicht war die Piste am Roten Kliff doch zu kurz.
- „Sylt-Tüüt“: (Marke eingetragen). Wir sind begeistert. Wir wissen nicht, was es ist, aber wir wollen es. Es klingt einfach… richtig.
- „SYLT PUNK“: (Marke eingetragen). Ein Hoodie für 300 Euro, der so aussieht, als hätte man ihn vier Wochen am Strand vergraben? Vermutlich.
Kategorie 2: Die „Einfach-Dranhängen“-Fraktion
Das ist die häufigste Form. Man nehme ein beliebiges Wort und hoffe, der Glanz möge abstrahlen.
- „CUPCAKE SYLT“ (Akten vernichtet)
- „SYLT botanics“ (Marke eingetragen)
- „Beachlife-Sylt“ (Marke nicht eingetragen)
- Und unser Favorit in Sachen SEO-Optimierung: „sylt-hotelperlen.de“, „sylt-hotelperle“, „sylt-hotel-perle“… (Alle eingetragen). Sicher ist sicher.
Kategorie 3: Die Philosophen
Diese Einträge verlassen die Ebene des Marketings und betreten die der Kunst.
- „NICHT AUF SYLT“: (Marke eingetragen!). Das ist brillant. Eine Anti-Marke. Eine Marke, die ihre eigene Exklusivität durch Abwesenheit definiert. Das ist so Meta, das könnte fast schon wieder Kampen sein.
- „I FOLLOW YOU, SYLT“: (Marke nicht eingetragen). Das ist keine Marke, das ist eine rührende, leicht stalkerhafte Liebeserklärung an einen Felsen in der Nordsee.
- „Sylt ist ein Grund das Leben zu lieben“: (Marke eingetragen). Das ist kein Slogan, das ist die Wahrheit.
Unser Fazit (und ein Wort in eigener Sache)
Was wir im Maschinenraum des DPMA gesehen haben, ist kein Geschäftsregister. Es ist das kollektive Tagebuch der deutschen Sehnsucht.
Ja, wir wissen, was Sie jetzt denken. „Moment mal, Sylt1! Ihr habt ja selbst ‚Sylt‘ im Namen!“
Das stimmt. Aber wie sollen wir denn sonst heißen? Wir sind Ihr Insel-Sender. Wir berichten von hier, über hier und für hier. „Fehmarn TV“ würden Sie bei uns wohl kaum einschalten, oder?
Der Unterschied ist, wo das Herz schlägt. Und unseres schlägt hier, zwischen List und Hörnum.
Jeder dieser 1.400 Einträge ist der Versuch, ein Stück von dieser Magie, von diesem Wind, von dieser Weite in ein Produkt zu pressen und es mit nach Hause zu nehmen. Es zeigt, wie unglaublich stark die Marke „Sylt“ wirklich ist.
Die meisten dieser Einträge in den Listen sind bereits „Akten vernichtet“ oder „Marke gelöscht“. Die See ist rau, und der Markt ist es auch. Viele sind am Ende doch nur Aktenzeichen im Wind.
Übrig bleiben die Originale. Die Pioniere, die Ikonen und die echten Institutionen, die hier seit Jahrzehnten ehrliche Arbeit leisten.




















































































































