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Friedrichstraße in Westerland – Diagnose „Rollkoffer-Trauma“: Warum wir den November auf Sylt so lieben.

.Friedrichstraße in Westerland – Es ist der 2. November. Und sehen Sie sich das an: Es ist was los. Die Insel ist nicht leer. Sie ist nur… aufgeräumt.
Der große Trubel ist vorbei, das stimmt. Aber jetzt sind Sie ja da. Unsere lieben Gäste, die Kenner. Die, die nicht trotz des Wetters kommen, sondern wegen ihm. Die, die wissen, dass Sylt jetzt erst anfängt, wirklich schön zu werden.
Kommen Sie, wir machen den Spaziergang, den man jetzt wieder genießen kann. 600 Meter, vom Bahnhof zur See.
Friedrichstraße in Westerland – Der Auftakt: Ein Test für die Netzhaut
Unser Spaziergang beginnt, wo Sylt für die meisten beginnt: Am Bahnhofsvorplatz. Und hier müssen wir als erstes über sie sprechen. Ja, über die grünen Riesen.
Sehen Sie, wir Insulaner sind ja einiges gewohnt. Sturmfluten, Sandverluste, Kitesurfer. Aber diese grünen Dinger… sie sind ein Statement. Wir sehen sie als eine Art Test für unsere Gäste: Wer diesen mutigen Farbakzent – dieses grelle Giftgrün, das so wunderbar mit dem eleganten Novembergrau kollidiert – erträgt, ohne mit den Augen zu zucken, der darf auch zur Promenade. Wir nehmen sie mittlerweile mit Humor. Sie sind unser schrägstes Willkommenskomitee.
Der „Vorgarten“: Die Wilhelmstraße
Wir wenden den Blick (erleichtert) ab und betreten die Wilhelmstraße. Hier wird es schon authentischer. Rechter Hand eine Legende: der älteste Surfshop Deutschlands. Ein Ort, der an die glorreichen Zeiten erinnert, als die Windsurfsegel noch bonbonfarben waren und die Welle wichtiger war als alles andere.
Wir schlendern weiter zum Wilhelminenbrunnen. Jetzt, im November, ist er nicht mehr der überlaufene Treffpunkt. Er ist einfach ein Brunnen. Der beste Beweis für die Rückkehr der Vernunft: Das Häuschen von Crepes de Luxe ist dunkel. Ein Schild verkündet: „Geschlossen vom 1. November bis 26. Dezember.“ Kluge Leute. Die Kenner, die jetzt hier sind, wissen sowieso, wo es die beste Stärkung gibt: im Mikado, für einen ehrlichen, heißen Burger.
Das Wohnzimmer: Die Friedrichstraße in Westerland
Wir überqueren die Straße. Wir stehen vor HB Jensen (seit 1855). Wir betreten das Wohnzimmer.
Und das Erste, was auffällt? Die Ruhe.
Also, nicht die Stille. Sie sind ja da, wir sind da, es ist was los. Aber es ist das Fehlen des Sommerterrors. Es fehlt dieses hysterische, laute KLACK-KLACK-KLACK-KLACK der Kofferräder auf dem Verbundpflaster. Dieser Soundtrack des Bettenwechsels ist weg.
Der Hindernisparcours ist abgebaut. Man muss nicht mehr Slalom laufen zwischen Bollerwagen, Eistüten und Hunden, die nicht wissen, wohin.
Die Menschen, die jetzt hier sind, schlendern. Sie tragen vernünftige Schuhe. Man grüßt sich. Es ist zivilisiert.
Wir starten.
Rechter Hand die Drachenhöhle. Jetzt die perfekte Zeit, um in Ruhe durch die Gadgets zu stöbern. Linker Hand Die Tränke, still und wartend.
Wir kommen tiefer ins Wohnzimmer. Linker Hand Hellner, wo man noch in Ruhe eine einzelne Austerngabel aussuchen kann. Gegenüber, über der Straße, das gläserne Studio von Antenne Sylt. Von hier aus wird der Soundtrack für die Kenner gesendet.
Wir schlendern weiter, in den „unteren Teil“. Boss und Adenauer sind da, die Uniform muss ja auch bei 10 Grad sitzen.
Und jetzt kommt das soziale Epizentrum der Friedrichstraße in Westerland
Die Filiale von Jünne (Gosch). Und sie ist voll! Aber es ist ein anderes „voll“. Es ist kein Kampf, es ist ein gemütliches Beisammensein von Menschen in wetterfesten Jacken. Direkt gegenüber der Bank. Die Achse des Sylter Lebens: Fisch und Finanzen.
Danach die wunderbare Demokratie der Friedrichstraße in Westerland: New Yorker ist da, der Münchener Hahn, McDonald’s und Coffee Fellows. Es ist für jeden was da.
Das Finale: Die Kathedrale aus Wind und Wasser
Wir nähern uns dem Ende. Die Luft wird schwerer. Salzhaltiger. Man hört es schon. Das Schild der „Letzten Kneipe vor England“ wirkt heute nicht wie ein Witz, sondern wie eine verdammt ernste Tatsache.
Und dann treten wir aus dem Windschatten der Fußgängerzone heraus.
Schlagartig.
Da ist sie. Die sturmumtoste Promenade. Das ist kein Spazierweg mehr, das ist die Tribüne. Und das Schauspiel ist grandios.
Die Nordsee ist nicht das sanfte blaue Etwas aus dem Sommerkatalog. Sie ist grau, sie ist laut, sie ist lebendig. Die Wellen klatschen mit voller Wucht gegen den Beton, die Gischt fliegt uns ins Gesicht, und es schmeckt nach Salz und Freiheit. Die Bänke sind nass, die Musikmuschel ist verwaist, das Miramar steht wie eine Festung gegen die Fluten.
Das, liebe Freunde, ist Sylt.
Das ist die Schönheit, die wir meinen. Nicht der Glanz der Boutiquen. Sondern diese rohe, ehrliche, laute Konfrontation mit der Natur. Das ist der Grund, warum Sie jetzt hier sind.
Und das ist der Grund, warum wir die grünen Riesen am Bahnhof ertragen. Weil wir wissen, was hier am Ende auf uns wartet.
Willkommen im November. Willkommen in der besten Zeit des Jahres. Willkommen in der Friedrichstraße in Westerland auf Sylt.

Friedrichstraße in Westerland – HB Jensen




















































































































