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Hurrikan über Nordfriesland ? – Was vom Sturm überbleibt 2024
Hurrikan über Nordfriesland – Klingt richtig nach Weltuntergang, ist aber eine Ente. Es bedarf ganz bestimmer Voraussetzungen für einen Hurrikan. Warmes Ozeanwasser mit Temperaturen von mindestens 26,5° ist die maßgebliche. Das ist auf Sylt noch nie erreicht worden. Der Tropensturm kann zwar über Wochen andauern und natürlich auch wandern. Allerdings dürfte ihm der Dampf Richtung Europa ausgehen.
Was wir dennoch abkriegen, ist das typische nordfriesische Wetter. Reichlich Regen und die ein oder andere frische Brise. In diesem Fall, wir reden von Hurrikan Kirk, reicht es eben grade noch für eine frische Brise. Windgeschwindigkeiten von 50 Stundenkilometer in Böen ist laut Windfinder das Maximum. In der Beaufortskala ist dieses der Einstieg zum steifen Wind. Das bedeutet: Regenschirme könnten zum Problem werden. Ansonsten ist es sicher.
Hurrikan über Nordfriesland – Ab wann ist es unsicher?
Wann beginnt eigentlich unsicher? Geht es nach den üblichen Medien, dann beginnt man auf den nordfriesischen Inseln mit Evakuierungen, sobald 9 BFT erreicht sind. Der Friese schmunzelt, haut noch einmal ein paar Heringe in die Zeltschnüre im Vorgarten und geht Tee trinken.
Wann hat diese Hysterie eigentlich angefangen? Es hat viel mit Auflagenzahlen und Webzugriffen zu tun. Auch Wetteronline versucht hier natürlich zu punkten. Mit der Schlagzeile, Stärke Windböen erwartet, lässt sich heute kein Blumenkohl mehr gewinnen. Klicks bringen Katastrophenmeldungen, die eigentlich keine sind. Und so wird mittlerweile traditionell aus dem frischen Wind eine Katastrophe nationalen Ausmaßes. Das T auf den Wetterkarten kann gar nicht rot und groß genug dargestellt werden.
Hurrikan über Nordfriesland – Stürme haben eigene Namen
Spektakulär sind sie natürlich die Herbst- und Winterstürme. Auch erhalten sie eigene Namen. Die Praxis der Sturmbenennung begann während des Zweiten Weltkriegs und wurde in den 1950er Jahren systematisiert.
In Deutschland werden seit 1954 auch Hoch- und Tiefdruckgebiete benannt, was die Wetterberichterstattung präziser und anschaulicher macht. So lässt es sich auf treffender kommentieren. Ein “Tiefdruckgebiet mit erhöhten Wellengang klingt” längst nicht so cool wie “Chantal verwüstet nordfriesisiche Küste” (letzteres ist gegeben, wenn ein Strandkorb umkippt).
Nichtsdestotrotz werden in den nächsten Monaten wieder Stürme auf die nordfriesische Küste treffen. Grillabend geplant? Wir raten dazu Windfinder.com zu Rate zu ziehen. Hier sind die Vorhersagen relativ genau und vor allen Dingen relevant. Eine genaue Aussage lässt sich ohnehin nur für die nächsten drei Tage treffen. Alles darüber hinaus ist ein Lottospiel, denn trotz leistungsfähiger Computer gibt es Grenzen in der Rechenkapazität für komplexe Wettermodelle.
Die Insellage macht eine Vorhersage ohnehin beinahe unmöglich.
Die Insel Sylt ist aufgrund ihrer exponierten Lage in der Nordsee seit jeher den Naturgewalten ausgesetzt. Stürme und Sturmfluten haben die Insel im Laufe der Jahrhunderte geformt und bedrohen sie bis heute. Hier ein Überblick über die schwersten Stürme, die Sylt getroffen haben, sowie Informationen zu Schutzmaßnahmen und der Beaufort-Skala zur Einordnung von Windstärken.
Hurrikan über Nordfriesland – Die schwersten Stürme über Sylt
Sturmflut vom 24. November 1928
An diesem Tag stand das Wasser in den Ortschaften Archsum und Morsum in den Wohnzimmern. und im Süden Westerlands stand das Wasser hüfthoch auf den Straßen. Die Gefahr kam vom Wattenmeer und nicht von der tosenden Nordsee. Fährt man aus Westerland Richtung Rantum, kann man noch Sturmtore erkennen, die allerdings seit den Deichbauten kaum genutzt werden.
Orkan “Vincinette” – 16./17. Februar 1962
In dieser Nacht wütete der Orkan über Norddeutschland. Auf Sylt stieg das Wasser knapp vier Meter höher als das mittlere Hochwasser. Zum Vergleich. Ab 1,50 spricht man von Sturmflutgefahr. In Hörnum brach sich das Meer auf einer Breite von 250 Metern seinen Weg durch die Dünen, Hörnum-Odde litt unter starken Landerlusten. Die Uferabbrüche entlang der Sylter Westseite beliefen sich im Schnitt auf zehn Meter. Ein massiver Landverlust. Auch der Hindenburgdamm trug schwere Schäden davon.
Sturmflut vom 3. Januar 1976
Ein Sturmtief fegte mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 170 km/h über Sylt hinweg. Durch eine Springflut stiegen die Wasserstände auf knapp vier Meter an. Zum ersten Mal seit der Einweihung des Hindenburgdamms 1927 musste der Zugverkehr zeitweilig eingestellt werden. Das Wasser überspülte die Landstraße zwischen Kampen und List. In Wenningstedt und Kampen bröckelten die Kliffe. Zwischen Rantum und Hörnum fraß der “Blanke Hans” 30 Meter Dünen, im Osten drohte der Nösse-Deich zu brechen, was eine Riesenkatastrophe zur Folge gehabt hätte.
Rekordflut vom 24. November 1981
Mit 4,05 Metern über dem normalen Hochwasser wurden in Hörnum und List die höchsten Pegelstände des Jahrhunderts gemessen. Der Orkan erreichte in Böen Stärke 14 und trieb das Meer bis zu 25 Meter tief in die Dünen hinein. Solche Windgeschwindigkeiten treten in der Regel nur im Kern sehr starker tropischer Wirbelstürme oder bei extremen Tornados auf. Die Skala geht bekanntermaßen nur bis 12. Darüberhinaus wäre eine Beobachtung auf der See wohl die letzte die der fleißige Wetterberichterstatter macht.
Der Zugverkehr wurde eingestellt, und die Straßen nach List, Hörnum und Morsum waren nicht mehr passierbar. Im Sylter Osten drohte erneut der Nösse-Deich zu brechen.
Orkan “Anatol” – 3. Dezember 1999
Der Name klang böse. War Anatol nicht der Diener von Dracula? “Anatol” fegte mit Sturmböen von fast 200 km/h über die Insel. Er brachte zahlreiche Menschen zu Fall, hob komplette Dächer ab, begrub Autos unter Bäumen, warf Wohnwagen um und knickte Verkehrsschilder wie Streichhölzer. Die Strände wurden völlig ausgeräumt, Kliffe und Randdünen vielfach abgerissen. Zehn Hektar Waldfläche wurden dem Erdboden gleichgemacht. Speziell auf der Friedrichstraße glich ein Spaziergang einem Freiflugschein.
Orkan “Christian” – Oktober 2013
Auch dieser Sturm richtete auf der Insel viele Schäden an und führte zu erheblichen Sandverlusten an den Stränden.
Sandvorspülungen als Schutzmaßnahme
Um den ständigen Sandverlust durch Stürme und Meeresströmungen auszugleichen, werden auf Sylt seit 1972 regelmäßig Sandvorspülungen durchgeführt. Jahr für Jahr ziehen diese gigantischen Rohre Touristen an, wenn sie ihre Sandladung auf den Strand entleeren. Diese Maßnahme dient dem Küstenschutz und dem Erhalt der Strände.
Die Frage stellt sich: Wie würde der Küstenverlauf ohne Aufspülungen aussehen?
Hier einige Fakten zu den Sandvorspülungen:
– Von 1972 bis 2020 wurden insgesamt rund 54,5 Millionen Kubikmeter Sand aufgespült.
– Jährlich gehen der Insel etwa 1 Million Kubikmeter Sand verloren.
– Die Aufspülungen finden in der Regel von Mitte April bis Ende Oktober statt.
– Der Sand wird mit einem Spülschiff (Hopperbagger) aus einem Gebiet 8 km vor der Küste entnommen.
– Das Schiff saugt aus 15-30 m Tiefe ein Wasser-Sand-Gemisch an Bord.
– Der Sand wird mit viel Wasser an den Strand gepumpt und von Planierraupen verteilt.
– Zusätzlich erfolgen Sandaufspülungen im Vorstrandbereich. Damit werden Sandbänke gebildet, die die starken Wellen im Winter abschwächen sollen.
– Die Kosten für die Maßnahmen werden aus Mitteln von Bund, Land und Europäischer Union aufgebracht.
Die Sandvorspülungen sind eine “weiche” Küstenschutzmaßnahme und gelten als umweltfreundlicher als massive Bauwerke wie Deiche oder Buhnen. Sie müssen jedoch regelmäßig wiederholt werden, da der aufgespülte Sand durch Wellen und Strömungen wieder abgetragen wird.
Die Beaufort-Skala und ihre Auswirkungen
Die Beaufort-Skala ist ein wichtiges Instrument zur Einschätzung von Windstärken und ihren Auswirkungen. Sie wurde von Sir Francis Beaufort entwickelt und reicht von 0 (Windstille) bis 12 (Orkan). Hier ein Überblick über die Stufen und ihre Effekte:
0 Bft (0-1 km/h): Windstille, Rauch steigt senkrecht auf
1 Bft (1-5 km/h): Leiser Zug, Windrichtung durch Rauch angezeigt
2 Bft (6-11 km/h): Leichte Brise, Blätter rascheln
3 Bft (12-19 km/h): Schwache Brise, Blätter und dünne Zweige bewegen sich
4 Bft (20-28 km/h): Mäßige Brise, kleine Zweige bewegen sich, Papier wird vom Boden gehoben
5 Bft (29-38 km/h): Frische Brise, kleine Laubbäume beginnen zu schwanken
6 Bft (39-49 km/h): Starker Wind, starke Äste in Bewegung, Regenschirme schwer zu halten
7 Bft (50-61 km/h): Steifer Wind, ganze Bäume bewegen sich, Gehen gegen den Wind ist mühsam
8 Bft (62-74 km/h): Stürmischer Wind, Zweige brechen von Bäumen, Gehen im Freien ist sehr schwierig
9 Bft (75-88 km/h): Sturm, kleine Schäden an Häusern (Dachziegel)
10 Bft (89-102 km/h): Schwerer Sturm, Bäume werden entwurzelt, erhebliche Schäden an Häusern
11 Bft (103-117 km/h): Orkanartiger Sturm, schwere Sturmschäden, große Schäden an Wäldern
12 Bft (ab 118 km/h): Orkan, schwerste Verwüstungen
Die meisten der schweren Stürme, die Sylt getroffen haben, erreichten Windstärken von 10 bis 12 auf der Beaufort-Skala. Bei solchen Windgeschwindigkeiten können massive Schäden an Gebäuden, Infrastruktur und Natur entstehen. Besonders gefährlich sind die damit einhergehenden Sturmfluten, die zu Überflutungen und Küstenabbrüchen führen können.
Die Beaufort-Skala hilft nicht nur bei der Einschätzung der Windstärke an Land, sondern auch auf See. Für Seeleute und Küstenbewohner ist sie ein wichtiges Instrument zur Beurteilung der Wetterlage und möglicher Gefahren. Wie gesagt – darüber hinaus wurde auch schon BFT 14 gemessen oder noch höher. Allerdings ist die Sicht auf See gleich Null.
Sylt bleibt aufgrund seiner exponierten Lage weiterhin anfällig für schwere Stürme und Sturmfluten. Die regelmäßigen Sandvorspülungen und andere Küstenschutzmaßnahmen sind daher von entscheidender Bedeutung für den Erhalt der Insel. Dennoch wird der Kampf gegen die Naturgewalten eine ständige Herausforderung bleiben, die sowohl technische als auch finanzielle Ressourcen erfordert. Die Erfahrungen der Vergangenheit und das Wissen um die Kräfte der Natur, wie sie in der Beaufort-Skala beschrieben sind, helfen dabei, sich bestmöglich auf zukünftige Stürme vorzubereiten und ihre Auswirkungen zu minimieren.
Und immer daran denken: Sturm ist wenn die Schafe keine Locken mehr haben. Und dies ist ab Windstärke 10 der Fall.
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