Sylt News
Illegale Vermieter – der Trugschluss
Als Sylter Kind war es üblich, in der Hauptsaison, die vor 40 Jahren nur 80 Tage lang andauerte, in den Keller zu ziehen. Man tauschte seine Spinnenphobie quasi gegen einen Urlaub auf den Balearen oder einem größeren Weihnachtsgeschenk. Es war ein nettes Zubrot, einige bauten sich ihre Existenz damit auf.
In den 90er Jahren und Anfang des Millenniums nahm das Vermietgeschäft richtig Fahrt auf. So mancher baute seine Garage aus und verstieß offenen Auges gegen geltende Gesetze. Ermahnungen und Verbote wurden ausgesprochen. In den meisten Fällen wurde zurückgebaut, was illegal errichtet wurde. Die Syltgarage wurde zum Running Gag.
Illegale Vermieter – vor 23 Jahren kam ein Beschluß…
Im Jahre 2000 wurde dann eine Verordnung erlassen, die besagte, dass Vermieter ihre Ferienwohnungen genehmigen lassen müssen. Ob es schlecht kommuniziert wurde oder der Aufwand zu hoch war, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Die meisten Ur-Sylter dachten wohl, es beträfe nur Neubauten. Dementsprechend wurde aus den ehemals legalen Vermietungen illegal. Was sich überzogen anhört. Klingt nach verbotenem Glücksspiel oder Steuerhinterziehung. Dabei war es einfach nur das Gewohnheitsrecht, auf seinem Grundstück zu machen, was einem gefällt.
Doch dann passierte das, was wir im Nachhinein nicht ändern können. Die Babyboomer-Generation und die Generation davor kamen langsam in ein Alter, in der die Sterblichkeitsrate ansteigt. Häuser wurden vererbt, die Kinder längst auf dem Festland. Wohin mit dem Elternhaus? Einige kamen zurück, doch die meisten, die nicht auf der Insel lebten, verkauften, wie auch die, die auf der Insel sesshaft waren, ihr Eigentum oder vermieteten dieses als Ferienwohnungen. Investoren nutzten die Bauten dann als Spekulationsobjekt. In der Regel bedeutete dies Abriss und Neubau. Dies ging dann mit der entsprechenden Genehmigung vor sich.
Die Sylter, die weiter vermieteten, taten dies im guten Glauben, auch ihre Vermietungen wären erlaubt. Ein Fehler, wie sich jetzt herausstellt. Denn der Kreis Nordfriesland fing an zu kontrollieren. Im ganzen Kreis. In St. Peter Ording wurden in einer Straße gleich 16 Vermietobjekte aus dem Verkehr gezogen und auch auf den Halligen vollzog der Kreis Verbote. Sylt ist nicht ausgenommen. Schätzungen zufolge sind etwa 4000 Ferienwohnungen betroffen. Das sind rund 30-40% aller Vermietobjekte auf der Insel.
Illegale Vermieter – der Raubbau geht weiter…
Für die Insulaner natürlich eine Katastrophe. Denn diese leben zum Teil vom Tourismus. Die Investoren jedoch sind auf der sicheren Seite. Denn sie wussten ja um die Auflagen aus dem Jahr 2000. Wer nun also seine Ferienwohnung in einem reinen Wohngebiet hat, der wird wohl schon bald Post vom Amt bekommen. Der Wechsel in ein Mischgebiet ist die einzige Rettung. So auch am Multipark, wo eine ganze Straße nur noch aus Ferienwohnungen besteht – in einem reinen Wohngebiet wohlgemerkt.
Falls diese Umwandlung nicht geschieht, wird kaum einer der Inhaber die Wohnungen auf den freien Markt zur Vermietung an Wohnungssuchende abgeben. Zu viel Ärger – zu wenig Profit. Diese Häuser werden verkauft und dann von Auswärtigen als Feriendomizil genutzt. Zweitwohnungsbesitzer. Wenn sie diese nun an Freunde oder Bekannte vermieten, dann ist es nur noch “halb-illegal”. Den bisherigen Vermietern könnte es dann egal sein. Denn mit dem Verkauf hat man genug Geld. Und auch die nachfolgenden Generationen dürften sich auf eine fette Erbschaft freuen. Doch schaut man genauer hin, dann wird dieser Weg zum Alptraum. Noch mehr Insulaner werden die Insel verlassen, noch mehr Zweitwohnungsbesitzer haben Eigentum auf der Insel. Die Geisterstraßen, die im Winter schon jetzt nicht mehr bewohnt werden, weiten sich auf große Bereiche aus.
Illegale Vermieter – die tote Insel
Sylt wird zu einer toten Insel. Denn ohne das Vermietgeschäft kommen weniger Gäste. Weniger Gäste bedeuten Umsatzeinbußen in vielen Bereichen. Die Tourismusabgaben sinken, der Einzelhandel und die Gastronomie verlieren. Noch mehr Einheimische ziehen auf das Festland. Dort sind die Häuser günstig und man hat seine Ruhe. Ein schleichender Vorgang. Er wird anfänglich vielleicht gar nicht auffallen. Doch es bleibt ein Prozess, den man nicht aufhalten kann.
Der Kreis hat nun ein Einsehen, nachdem die DEHOGA, die Sylter Unternehmer und natürlich auch Vermieter auf die Barrikaden gegangen sind. Doch was sich auf den ersten Blick wie Einlenken ausnimmt, ist nur die Aussage “man werde sich bei den Kontrollen auf die Bereiche konzentrieren, in denen ohnehin keine Änderungen der B-Pläne vorgenommen werden”.
Und genau dort dürften die alt eingesessenen Sylter ihre Ferienwohnungen haben…
Quittiert wurde dies mit einem offenen Brief, in dem unter anderem die Sylter Unternehmer an die Vernunft des Kreises appellieren. Damit senkt sich die Quote der “Illegalen” marginal. Man hofft nun auf Entscheidungen, die weniger Konfliktpotential beherbergen.
Bis dahin liegt der Ball bei der Gemeinde, um so schnell wie möglich Nutzungsänderungen auszusprechen. Den fehlenden Dauerwohnraum kann weder die eine noch die andere Entscheidung ersetzen.