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Der Gärtner kommt: Wie die berühmten Sylter Gärten winterfest gemacht werden

Sylt (red). Wenn die letzten Urlauber abgereist sind und die Herbststürme die Insel mit Salz und Wind überziehen, beginnt in den berühmten Sylter Gärten die wichtigste Zeit des Jahres. Während das milde Nordseeklima den ersten Frost oft bis in den späten November hinauszögert, ist die „Herbstarbeit“ auf der Insel kein panischer Akt gegen die Kälte. Es ist ein methodischer Kampf gegen Nässe, Salzgischt und vor allem den unerbittlichen Wind.
Die Gärten in Kampen, Keitum oder am Lister Ellenbogen sind Ikonen – geprägt von Friesenwällen, blühenden Hortensien und den knorrigen Kiefern, wie man sie etwa im Park der Kupferkanne bewundert. Doch diese Pracht zu erhalten, erfordert im Herbst eine ganz eigene Choreografie. Wir erklären, wie die Sylter Gärtner ihre Schätze winterfest machen.
Der Friesenwall: Die Festung wird inspiziert
Der Friesenwall ist das Rückgrat jedes Sylter Gartens. Im Herbst bekommt er einen „TÜV“. Die Gärtner kontrollieren die Stabilität der Findlinge, die durch starke Regenfälle unterspült worden sein könnten. „Ein lockerer Stein im Herbst kann nach einem Frost-Winter einen ganzen Wallabschnitt instabil machen“, erklärt ein lokaler Gartenbauer.
Gleichzeitig wird der Wall gereinigt. Mit speziellen Reinigern wird der „Grünspan“, aber auch der von der salzigen Luft verursachte „Flugrost“ von den Steinen entfernt. Zum Schluss wird oft frische, kompostreiche Erde an die Pflanzen auf der Wallkrone angehäufelt. Das schützt die Wurzeln weniger vor Frost als vielmehr vor dem Austrocknen durch den permanenten Sturm.
Mythos Sylter Rose: Warum Nichtstun alles ist
Die berühmteste Bewohnerin des Friesenwalls ist die „Sylter Rose“ (Rosa rugosa), auch Kartoffelrose genannt. Touristen wundern sich oft, warum diese Prachtpflanze im Herbst scheinbar ignoriert wird.
Die Antwort ist einfach: Die Sylter Rose ist perfekt an das Klima angepasst. Sie ist extrem frosthart und vor allem salzverträglich.
- Kein Rückschnitt: Anders als Edelrosen wird die Rosa rugosa im Herbst nicht zurückgeschnitten. Das würde die Pflanze nur schwächen. Der radikale Schnitt erfolgt erst im Frühjahr, um die Blüte zu fördern.
- Kein Einpacken: Jute oder Vlies? Völlig unnötig. Die Rose trotzt Wind und Kälte ohne jeden Schutz.
- Düngestopp: Die wichtigste Wintervorbereitung für die Rose geschah bereits im Sommer. Ab spätestens Ende Juli wird nicht mehr gedüngt, damit die Triebe „verholzen“ und winterhart werden können.
Die Sensiblen: Hortensien und Kübelpflanzen
Ganz anders sieht es bei den prachtvollen Hortensien aus, die oft in großen Kübeln die Eingänge zieren. Sie sind das Sorgenkind im Sylter Herbst. Das Problem ist nicht nur der Frost, sondern die „Frosttrocknis“. Der Wind trocknet die Blätter aus, doch bei gefrorenem Boden kann die Pflanze kein Wasser nachziehen – sie verdurstet.
Hier wird massiv geschützt:
- Der Topf: Der Kübel wird komplett mit Jute, Noppenfolie oder Kokosmatten umwickelt, um den Wurzelballen vor dem Durchfrieren zu schützen.
- Der Standort: Die Töpfe werden von der offenen Windseite weg direkt an eine schützende Hauswand gerückt.
- Die Krone: Die Pflanze selbst wird locker mit einem hellen Wintervlies umhüllt. Das Vlies bricht den Wind und schützt vor der salzigen Gischt, die die zarten Knospen für das nächste Jahr verbrennen würde.
Das „Kieferschütteln“: Ein Sylter Ritual
Wer im Herbst Gärtner in Sylter Gärten beobachtet, sieht sie oft an den charakteristischen Kugel- oder Bergkiefern rütteln. Dieses „Kieferschütteln“ ist eine lokale Besonderheit.
„Kiefern werfen ihre alten Nadeln nicht alle auf einmal ab“, erklärt ein Experte. „Im Herbst sind viele Nadeln im Inneren der Krone braun und tot.“ Würde man sie hängen lassen, würde der erste Herbststurm sie über den gesamten, frisch gereinigten Garten und die Terrassen verteilen. Durch das kräftige, manuelle Schütteln lösen die Gärtner diese alten Nadeln gezielt, rechen sie einmal zusammen und sorgen so für Sauberkeit in den stürmischen Monaten.
Der letzte Schnitt: Ordnung für den Winter
Bevor der Gärtner geht, wird der Rasen ein letztes Mal gemäht – etwas kürzer als üblich, damit er unter einer möglichen (wenn auch seltenen) Schneedecke nicht fault. Stauden werden oft bewusst stehen gelassen; ihre Samenstände dienen Vögeln als Winternahrung und sehen mit Raureif überzogen malerisch aus.
Am wichtigsten ist jedoch das Einsammeln von Laub, besonders von Rasenflächen und Wegen. Nasses Laub wird auf der Insel schnell zu einer rutschigen, matschigen Angelegenheit. Das Wasser wird abgestellt, die Schläuche geleert – dann kann der Sturm kommen. Der Garten ist bereit für die Ruhe.





















































































































