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Zwischen Insolvenz, Bürokratie und Denkmalschutz – Das Scheitern eines Hotels auf Sylt

Rantum ist ein Ort voller Geschichten und voller Sorgen. Bestand der kleine Ort im Inselsüden um 1700 noch aus rund 40 Häusern, sorgten der Sand und permanente Sturmfluten dafür, dass 100 Jahre später nur noch fünf Häuser im Dorf standen – alle Richtung Wattenmeer gebaut. Dort errichtete auch Peter Tarken 1818 einen Bauernhof, der nach seinem Tod um einen Gasthof erweitert wurde.
Mit 50 Seelen war Rantum zu dieser Zeit weit entfernt von einem heimeligen Urlaubsort. Im Sommer war der Blick auf das Watt und die Natur drumherum natürlich spektakulär. Doch im Herbst begann für die Bewohner das große Zittern. Buchstäblich. Denn das Wattenmeer ist der Wolf im Schafspelz. Das Wasser kam, speziell bei Ostwindstürmen, schnell und ohne Vorwarnung. Im Obergeschoss ausharrend, konnten die Bewohner dem Blanken Hans nur zusehen, während dieser im Wohnzimmer hauste.
1986 wurde ein Deich gebaut, der dafür sorgte, dass die Wassermassen draußen blieben. Als Anneliese Mahler, die letzte Besitzerin des Anwesens, 2013 verstarb, begann der Niedergang. Denn die Erbengemeinschaft überließ das Haus nebst Nebenhaus dem Verfall. Bei Maklern auf der Insel kursiert der Wert der Immobilie irgendwo zwischen 13 und 20 Millionen Euro, ohne dass konkrete Zahlen genannt werden.
Auf der Insel wurde gemunkelt, dass hier kalt abgerissen würde. Denn ein, zwei Löcher im Reet, dazu die Fenster zerschlagen, die raue Natur der Insel würde den Rest erledigen. Dann gab es einen Hoffnungsschimmer: Der Verkauf an eine namentlich bekannte Eigentümergemeinschaft, die Rantum Inge wieder in altem Glanz erstrahlen lassen wollte. Ein schickes Hotel sollte es werden, mit Suiten, 19 Zimmern und allen Annehmlichkeiten eines modernen Hotels. In den letzten zwei Jahren gab es bis auf die Bekanntmachung, es würde gebaut, keinerlei Veränderungen.
Die Fenster sind provisorisch vernagelt, Löcher im Reet mit Plastikplanen verdeckt, die mittlerweile schon wieder vom Wind verweht wurden. Aufgebrochene Seitentüren zeugen von ungebetenen Gästen. Ein Blick in das Gebäude wird verwehrt. Es ist Privatbesitz und gut umzäunt.
Eigentlich ein Fall für die Abrissbirne, würde der Laie meinen. Doch die Kernsanierung soll irgendwann erfolgen. Allein die B-Pläne, die sensible Lage im Naturschutzgebiet und nun die Insolvenz der Baufirma sorgen für die Verzögerung. Fakt ist: Je länger die Bauarbeiten verzögert werden, desto teurer wird die Sanierung.
Unrettbar ist das Anwesen nicht. Im Falle eines Baubeginns würden die Steine abgetragen werden und das, was noch nutzbar ist, wieder zusammengesetzt – ähnlich wie beim Alten Keitumer in Morsum. Hier dauerte es 14 Jahre, bis der Neubau begann. Die Kosten für die Sanierung der Morsumer Kultgaststätte lagen bei rund sieben bis acht Millionen Euro. Rantum Inge, wesentlich größer und laut Eigentümergemeinschaft noch ambitionierter, dürfte diesen Betrag um ein Vielfaches übertreffen.
Ein Abriss ist keine Option, denn der Denkmalschutz verhindert dies. Aber wenn es noch ein paar Jahre vor sich hin schimmelt, wird dieses geschichtsträchtige Anwesen einstürzen. Das Haus, einst ein lebendiger Ort voller Geschichten, wartet weiter auf seine Rettung – und droht, im Schatten von Bürokratie, Insolvenz und Denkmalschutz langsam weiter zu verfallen. Die Zukunft eines echten Sylter Originals steht weiter in den Sternen.