Sylt News
Die Syltcharta von Ole König – Ein Ansatz zum Nachdenken
Die Lösung aller Probleme auf der Insel durch die Syltcharta von Ole König? Kennt Ihr Ole König? Wenn nicht persönlich, dann sicher von all den Zeitungsanzeigen und den vielen Schildern, die er als Unternehmer an Standorten der Insel angebracht hat.Er ist jemand, der sich mit Immobilien auskennt. Und Immobilien sind das, was die Insel immer wieder in die Schlagzeilen bringt. Ob es nun die Prunkausbauten in Kampen sind oder aber der – wie überall in Deutschland – knappe Wohnraum. Woanders wird einfach außerhalb der Ballungsgebiete gebaut, um dem Problem Herr zu werden.
Auf Sylt setzt die Natur der Expansion von Baugrundstücken deutliche Grenzen. Es ist die berühmte Katze, die sich in den Schwanz beißt. Denn auch die “Ureinwohner”, die wohl am meisten Häuser besitzen (oder besaßen), können sich Sylt kaum leisten: Die Boomer-Generation.
Weil das Einkommen zu klein oder die Wohnungen zu knapp sind. Aber in erster Linie ist es das Erbe, für das viele von ihnen beneidet werden. Die kinderreiche Generation erbt und muss dann dieses Erbe unter sich aufteilen. Dies funktioniert nur mit Auszahlungen im sechsstelligen Bereich. Bleibt nur der Verkauf, da sind die Gesetze unerbittlich. Für manche Sylter ein Verlust ihres Elternhauses.
Andere sehen es pragmatisch, verkaufen und kaufen mit dem Geld auf dem Festland nahe der Insel ein, zwei oder gleich drei neue Häuser. Doch wer kauft die Sylter Häuser? Sylter? Nein, denn Finanzierungen sind schwierig, die alten Häuser meist mit der Hypothek alter Bautechniken belastet – eigentlich reif für die Abrissbirne. Es kommen die Investoren vom Festland, die dann mit dem passenden Bauantrag für Ferienwohnungen sorgen. Oder Zweitwohnungsbesitzer, die dann einmal im Jahr für ein, zwei Wochen “ihre” Insel besuchen.
Änderungen sind nicht vorgesehen. Eher ist das Gegenteil der Fall. Folglich blutet die Insel aus. Schuldige werden gesucht. Die Inselpolitiker, Makler oder Vermieter. Irgendwem muss die Schuld gegeben werden. Doch unsere Kommunalpolitiker oder Verwaltungsfachleute sind nicht in der Position, dem Ganzen einen Riegel vorzuschieben. Im Zweifel kämpfen sie gegen ein Rudel von Anwälten, Wirtschaftsberatern und Architekten vom Festland, denen sie kaum das Wasser reichen können. Da wird so manche Entscheidung getroffen, die für Kopfschütteln sorgt.
Makler können es nicht ändern. Sie können nur versuchen, Spekulanten oder windige Investoren fernzuhalten. Nicht immer erfolgreich – denn auch unter Maklern gibt es die schwarzen Schafe. Und die Vermieter? Nun, es sind eben Vermieter. Sie vermieten, um Geld zu verdienen. Vielleicht um die Finanzierung für die Renovierung oder die Baukosten zu stemmen.
Lösungen zu erarbeiten, fällt schwerer als Schuldzuweisungen zu machen.
85% der Ferienwohnungen in Wenningstedt sind nicht genehmigt. Das Wort “illegal” klingt eine Spur zu hart, wobei es faktisch der korrekte Terminus ist. Illegal – irgendwann wurden die Sylter Vermieter aufgefordert, Vermietobjekte zu melden. Anfang des Jahrhunderts – Facebook oder soziale Medien gab es zu dieser Zeit nicht so überbordend wie heutzutage. Wer vergaß, eine Meldung abzugeben, machte einen Kardinalfehler. Wer dachte – “Wir vermieten seit Jahrzehnten. Das ist ja unser Recht” – der hat sich getäuscht. Als dann die fleißigen Husumer Kontrolleure auf der Insel einfielen, kam das Un-Happy-End.
Wir reden nicht von zehn oder zwanzig Häusern, wir reden von Zahlen, die im Bereich 4.000 – 5.000 Wohnungen liegen. Es ist ein Thema, das Sylter bewegt. Es ist diese Ambivalenz, die jede Perspektive ins Extreme führt. Die einen wollen die Zweitwohnungsbesitzer von der Insel verbannen, andere die Ferienwohnungen in Wohnraum umwandeln, und dann gibt es noch Menschen, die sich tiefer mit dem Thema befassen.
Die Kontrollinstanzen befassen sich damit nicht. Denn ihre Aufgabe ist es, geltendes Recht durchzusetzen. Recht vor Vernunft quasi.
Was passiert, wenn wirklich zigtausende Ferienwohnungen nicht mehr an Gäste vermietet werden dürfen? Die Insel wird zurückgebombt in die Zeit, als wir auf den kargen Äckern Kohl ernteten oder mit dem Boot auf Heringsfang gingen. Pendler wird es dann immer noch geben, denn die 4.000 – 5.000 Zweitwohnungen müssen ja von den Myriaden von Handwerkern gewartet werden. Allerdings werden die Pendlerzüge ab 9:00 Uhr wesentlich leerer werden, denn Einzelhandel und Gastronomie wird auf der Insel zum Luxusgut.
Fakt ist – wenige Sylter Familien können sich eine Finanzierung leisten. Die Immobilienpreise mögen sinken, doch sie sind immer noch in Bereichen, die unerreichbar für den Durchschnittsverdiener sind. So bleibt nur das Wohnen zur Miete. 1.700 Euro für 60 oder 70 Quadratmeter sind die Regel. Kalt selbstverständlich.
Der Schnitt der Wohnungen? Vieles gebaut für die Vermietung an Feriengäste. Neubauten gehen oftmals in die gleiche Richtung. Kleine Wohneinheiten für Einzelpersonen oder Paare. Das kann für diese Art der Vermietung funktionieren. Bei einem Verdienst von 2.500 Euro netto sind Mieten von 1.800 Euro machbar, wenn sich zwei gefunden haben, die beide voll berufstätig sind. Familienplanung? Dann gerät das kleine Paradies schnell ins Wanken. Oder Trennung? Es bleibt dann nur der Weg von der Insel oder temporärer Umzug in eine Personalwohnung, die von Oktober bis Mai leer steht. Szenarien, die jeder Sylter kennt. Am eigenen Leib oder durch Freunde.
Nun hat sich Ole König Gedanken gemacht. Seine Lösung: Die Syltcharta
Zweit- und Ferienwohnungen
– Obergrenze: Festlegung einer maximalen Anzahl von Betten für Zweit- und Ferienwohnungen auf dem aktuellen Stand
– Legalisierung: Bestandswohnungen können legalisiert werden, wenn Steuern und Brandschutzauflagen erfüllt sind
– Sonderabgabe: Legalisierung erfolgt gegen eine zweckgebundene Abgabe in einen Gemeindefonds
Sonderfonds für Dauerwohnraum
Der eingerichtete Sonderfonds soll folgende Maßnahmen finanzieren:
– KLM-Unterstützung: Förderung beim Bau neuer Wohnungen mit günstigen Mieten
– Rückkauf: Gemeinde kauft Immobilien zurück und vergibt sie per Erbpacht an Einheimische
– Baugrundstücke: Ausweisung neuer Grundstücke auf Erbpachtbasis für Sylter
Finanzierung
– Einmalige Abgabe: Legalisierungsabgabe für bestehende Ferienwohnungen
– Dauerabgabe: Monatliche Abgabe durch Ferienwohnungen und Hotels
– Gesamtvolumen: Mehrere hundert Millionen Euro sollen für Dauerwohnraumförderung gesammelt werden
König geht davon aus, dass durch dieses Konzept die wirtschaftliche Grundlage der Insel weitestgehend erhalten bleibt, während gleichzeitig Wohnraum für Einheimische geschaffen und gesichert wird.
Der Lösungsvorschlag wird in den Medien debattiert, in den sozialen Netzwerken gefeiert oder zerrissen – je nach politischem Standpunkt oder Besitzstatus. Denn Spekulanten, die Häuser gekauft haben, um diese zu vermieten – und es gar nicht dürfen, hoffen natürlich eher darauf, dass im Nachhinein die B-Pläne geändert werden. Käme im Zweifel günstiger. Das Konzept ist gut – die Frage der Enteignung stellt sich allerdings und auch die der Umsetzung. Denn Baugrundstücke sind rar gesät.