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Lost Places die alte Panzerstrasse – SYLT1 Podcast

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Lost Places Sylt

Die alte Panzerstraße in List

Es gibt viele Orte auf der Insel, die ihren Zauber über die Jahre bewahrt haben. Wir möchten Euch in den nächsten Tagen einige davon vorstellen. Da wir in den letzter Zeit nicht nur Gutes aus dem Inselnorden vernommen haben, fangen wir mit List an.

Hinter der „Sonnenland“ Siedlung, zwischen Vogelkoje und List, teilt sich der Weg in den Norden. Nach rechts geht es direkt Richtung Lister Hafen. Die Straße, die nach links führt, führt zu einer der surrealsten Gegenden Deutschlands. Es ist die alte Panzerstraße.

Die alte Panzerstraße – ein Relikt der Nazis
Schwere Bunkeranlagen und Geschütze, die in die Lister Dünen gebaut wurden, sollten in den 40er Jahren den Feind von einer Invasion abhalten. Explosivgeschosse statt Kurtaxe quasi. Um im Ernstfall all diese Kanonen mit Futter zu versorgen, wurde eine Transporttrasse benötigt. Und so entstand die von den Sylter „alte Panzerstraße“ genannte Wegstrecke zum Ellenbogen. In den 30/40er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde viel mit Beton gearbeitet. Auch Straßen wurden damit gepflastert, so auch die alte Panzerstraße in List. Nicht ansatzweise so gut zu befahren, wie Asphalt, dafür aber schneller zu verbauen und wesentlich kostengünstiger.

Zum Glück haben die Alliierten nie eine Invasion auf Sylt geplant oder durchgeführt. Das hielt aber die militärischen Planer der Nazis nicht davon ab, rund 10.000 Soldaten auf der Insel zu stationieren. Nach dem Krieg wurden die Bunker vernichtet oder aber ihrem Schicksal überlassen. Noch heute findet man Überreste in den Dünentälern. Danach zu suchen ist übrigens verboten. Das Betreten der Dünenflächen ist nicht erlaubt. So entstand ein Refugium für Seevögel, seltene Pflanzen und einsame Strände.

Die Panzerstraße selbst wurde gelassen, wo und wie sie war und ist jetzt eine Abkürzung zum Ellenbogen. Die kürzere Route an den nördlichsten Punkt der Insel bezahlt der Autofahrer mit einem holprigen Urlaubserlebnis. Waren die Betonplatten damals eine gute Lösung, stellen sie heute eine Belastungsprobe für die Stoßdämpfer von Autos dar. Für die Fahrer unglücklich, entpuppt sich für die Natur als Segen. Denn maximal dreißig Stundenkilometer sind erlaubt.

Wer schneller fährt, hat weniger Spaß und es kann durchaus teuer werden. Der Ausblick auf die Dünenlandschaften und die Wanderdünen ist traumhaft. In den 80er Jahren, als der Dünenschutz noch in den Kinderschuhen steckte, rannten Karl-Heinz Rummenigge und Manfred Kaltz hier zum Training die steile Düne hinauf.

Ein Schuldeingeständnis: Sylter haben es nicht so mit dem Wintersport.
Es gibt auf Sylt keine Berge und noch weniger Schnee. So sind wir irgendwann in den 90er Jahren ebenfalls auf die Wanderdüne, um dort mit dem Snowboard herunter zu rutschen. Das Ergebnis war ein Armbruch und die Gewissheit, dass Schnee definitiv nichts für Friesen ist.

An der alten Panzerstraße gibt es alle 200 Meter eine kleine Parkbucht, die aber nicht zum Dauerparken gedacht ist. Sie dient eher als Ausweichmöglichkeit. Doch sollte die Gelegenheit genutzt werden! Motor abstellen und aussteigen. Kaum ein Platz auf der Insel, der verwunschener ist. Kein Laut durchdringt die salzige Luft. Natur pur. Aber nicht in die Dünen hineinlaufen. Einfach genießen. Kleiner Hinweis: Der Ellenbogen hat einen Jäger, der täglich nach den Rechten schaut und durchaus wagemutige Wanderern die Leviten lesen darf.

Die alte Panzerstraße und Theodor Storm
In der Nacht sieht es auf der alten Panzerstraße anders aus. Beleuchtung findet man nicht – so ist es dort stockdunkel. Ein Besuch ist nichts für schwache Nerven. Es ist weniger die Dunkelheit, die einem Schauer über den Rücken jagen. Aus der erholsamen Stille der Lister Dünen, wird je nach Windrichtung und Stärke des Windes, ein unheimliches Heulen. Hört man genauer hin, ist ein langezogener Schrei zu vernehmen. „Hauuuuke“ scheint die Stimme zu rufen.

An den Schimmelreiter angelehnt, geht die Legende um, das Elke, die Frau des Deichgrafen als Geist in der Nacht mit ihrer Tochter Wienke durch die Dünen streift, um ihren Mann Hauke, zu finden. Bei der Suche nach ihm ist sie mit ihrer Tochter ertrunken. Die Novelle von Theodor Storm spielt im Original nicht auf Sylt. Theodor Storm selbst, hielt es nur 10 Tage auf der Insel aus, da er Heimweh hatte. Nach Husum wohlgemerkt.

Die alte Panzerstraße endet vor der ehemaligen Weststrandhalle, dort wo Bambus Klaus seine legendäre „Bam Bus Bar“ betrieb. Die Weststrandhalle wurde 2017 zum Restaurant „Wonnemeyer Weststrandhalle“ wurde geschlossen, um nun in neuem Glanz unter neuem Betreiber zu strahlen.

Für Sylter und auch für Gäste gehört die alte Panzerstraße zur Insel wie die Musikmuschel. Die Geschichte der letzten 80 Jahre findet man auf dieser rund 3700 Meter langen Betonpiste. Mögen die einen (die mit den Flugabwehrkanonen) nie wieder kommen und die anderen (unsere Gäste) diesen Ort, mit all seinen Perspektiven entdecken.

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