Kolumne von Axel Link

Wann haben Sie eigentlich das letzte mal telefoniert? Ich meine so richtig mit einem Festnetztelefon. Und hat es geklappt? Klappt vermutlich täglich, immer noch millionenfach. Aber ich bin sicher, heute hat niemand bei Herrn Höttges angerufen und gesagt, “Hallo Herr Höttges, wollte nur mal kurz Bescheid sagen, dass ich heute schon dreimal telefoniert habe. Einmal mit meinem Urologen, einmal mit meiner Frau und einmal mit meiner Enkelin. War alles wichtig und hat jedes mal geklappt. Vielen Dank dafür und weiter so. Sie können, wie immer, von meinem Konto abbuchen. Ach ja, und der Notruf letzte Woche beim Herzinfarkt unseres Nachbarn hat ja Gott sei Dank auch funktioniert. Super.

So ist das. Selbstverständliche Dinge funktionieren geräuschlos und niemand sagt DANKE, weil es eben selbstverständlich ist und wir ja auch dafür bezahlt haben. Zu schätzen lernen wir Dinge erst, wenn sie nicht mehr so selbstverständlich funktionieren. Wie z.Bsp., bei der Deutschen Bahn. Früher pünktlich wie ein Uhrwerk. Als es noch kein Handy gab, haben Urlauber eine Karte geschrieben. Kommen am soundsovielten um 17:20 mit der Bahn an. Und so war das dann meistens auch.

Ich musste letzte Woche Freitag die Insel in Richtung Köln verlassen. Ich hab keine Karte geschrieben, aber meine Mutter angerufen und meine voraussichtliche Ankunftszeit durchgegeben. Da habe ich geflunkert, vorsichtshalber 90 Min. draufgegeben und war deshalb auch nur eine halbe Stunde zu spät (weil der Zug eben zwei Stunden Verspätung hatte). Meine Mutter war über meine relative Pünktlichkeit entzückt. Zweckpessimismus, oder – in Sachen Bahn -Realismus, helfen eben manchmal (nicht immer).

Und jetzt das. IC 2310 von Köln nach Westerland. Abfahrt 09:06 Uhr – Ankunft 16:34. Okay, ich habe meinen Sohn gebeten, sich so ab 18:00 Uhr fürs Abholen bereit zu halten.Und jetzt sitze ich da im IC 2310. 16:23 Uhr -wir fahren über den Hindenburgdamm und aus dem Bordlautsprecher tönt laut “ich will zurück nach Westerland” von den Ärzten. Eine wirklich schöne Idee. Sollte immer so sein und bekäm bestimmt Kultstatus. Oder gibt es das nur bei pünktlichen Zügen, quasi als Vorwarnung, das medizinisches Personal am Bahnsteig bereit steht um die verwirrten und geschockten Passagiere wegen der unverhofften Pünktlichkeit psychologisch zu betreuen? Jetzt haben wir also den Salat. Hilfeeeeee – wir sind pünktlich. Gehen wir halt ins Entrée und trinken ein Piccolöchen, bis der verspätete Abholservice kommt. Und am besten gleich einen Lottoschein bei Voss abgeben. Heute ist ein Glückstag. Nur schade, daß so wenig Passagiere dieses unverhoffte Glück miterlebt haben. Der Zug war von Köln bis Westerland noch nicht einmal halb voll.

Trotzdem. Vielen Dank, liebe Deutsche Bahn. Muss ja auch mal gesagt werden. Es geht doch (-;